Der beste Freund des Menschen: Hund oder Roboter?

Die 29-Jährige Erica und ihre Hündin Borka sind ein eingespieltes Team. Sie leben in der Nähe von Budapest. Im Alter von zwei Jahren wurde Erica Opfer eines Autounfalls, seitdem ist sie an den Rollstuhl gefesselt. Borka ist ein Begleithund, ausgebildet, um behinderten Menschen zu helfen. Die beiden nehmen an dem europäischen Forschungsprojekt LIREC teil, bei dem die Kameradschaft zwischen Mensch und Tier untersucht wird und als Vorbild für künftige Hilfsroboter dient.

Erica ist im täglichen Leben auf ihren Begleithund angewiesen: “Borka ist mir eine große Hilfe, sie hebt Sachen auf, die ich fallengelassen habe, bringt mir einen Korb, öffnet Türen und macht das Licht an. Aber es geht weit darüber hinaus, sie leistet mir Gesellschaft und ist ein treuer Begleiter. Borka hilft mir Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen.”

Mittels Kameras beobachten die Wissenschaftler das Verhalten der Begleithunde. Untersucht wird, wie sie sich innerhalb eines Raums orientieren, welche Entfernung sie zu ihrem Besitzer einhalten, wie sie kommunizieren, Eigeninititive ergreifen und auf Befehle gehorchen. Die Verhaltensforscherin Marta Gacsi arbeitet an der Eötovös Universität in Budapest und leitet das Experiment:

“Wir versuchen einfache Verhaltensmuster herauszufinden und übertragen sie dann in eine Art Algorithmus. Meiner Ansicht nach könnte das Verhalten der Roboter mit nur einigen dieser Abläufe glaubhafter werden. Denn wenn seine Züge an ein menschliches Wesen erinnern, kann er sich eher zu einem Gefährten entwickeln.”

Wenn Erica eine Schublade öffnet kommt Borka sofort angelaufen, um zu sehen, ob sie ihr helfen kann. Sie versteht schnell was Erica von ihr will: hebt den Handschuh auf und legt ihn auf den Tisch. Könnte ein Roboter die gleichen Sachen für Erica erledigen?

In Hatfield – einer Universitätsstadt in der Nähe von London – haben Wissenschaftler ein Haus gemietet, um Roboter-Prototypen zu testen und zu sehen, wie sie mit verschiedenen Situationen im täglichen Leben zurechtkommen. Das Öffnen der Kühlschranktür löst einen Sensor aus und aktiviert den Roboter “Pioneer”. Er bewegt sich mittels eines elektronischen Systems an der Decke, fährt zu dem Benutzer und bietet ihm seine Hilfe an. Wenn der Computerbildschirm angeschaltet wird nähert sich “Pioneer” dem Schreibtisch, er ist darauf programmiert. Kyron du Casse, Doktorand an der Universität von Hertfordshire erklärt, was der Prototyp leisten kann: “Ein Roboter, wie dieser hat zwei Funktionen, er hilft einem sich an Sachen zu erinnern und leistet körperliche Hilfe. Wenn sie etwa eine Party geben und sie das Essen nicht herumtragen wollen, können sie es auf den Roboter stellen und er erledigt das für sie. Möchte ein Gast Kaffee, dann kann der Roboter ihm diesen bringen. Das Ganze ist natürlich wichtiger, wenn der Benutzer behindert ist oder am Stock geht.”

Der Roboter versucht eine bestimmte Entfernung zu dem Benutzer einzuhalten, er misst sie mithilfe eines Lasers, sowie infrarot und optischen Sensoren. Es ist ein erster Schritt, um bei Maschinen soziales Verhalten zu programmieren. Prof. Kerstin Dautenhahn lehrt an der Universität in Hertfordshire künstliche Intelligenz: “Roboter sind nicht Menschen es sind keine Tiere, sie haben keine ehrlichen Emotionen. Roboter sind Maschinen, aber man kann sie trotzdem als Werkzeuge benutzen, um damit Verhalten zu kreiren. Das ist etwas was ich sehr spannend finde und was wir in dem LIREC-Projekt untersuchen.”

An dem Projekt nehmen neben Ingenieuren auch Biologen teil, die sich dafür interessieren, wie natürliche Verhaltensmuster von Maschinen nachgeahmt werden können. Der Biologe und Leiter des LIREC-Projekts Peter McOwan befasst sich mit dem menschlichen Gehirn: “Wir versuchen zu verstehen, wie ein Hund unsere Aufmerksamkeit gewinnt, wie die Persönlichkeit des Hundes sich über seine Bewegungen ausdrückt. Die Verhaltensmerkmale, die wir beim Hund beobachten, werden dann in den Roboter integriert. Es geht nicht darum perfekte Roboterhunde zu bauen, es gibt schließlich schon Hunde. Aber in der Zukunft werden wir hoffentlich Roboter haben, die ähnlich wie ein Hund mit den Menschen interagieren können und dadurch einfach zu nutzen sind.”

Noch sind Hunde mit ihrem natürlichen Verhalten den Robotern weit überlegen. Ein Hund merkt, wenn jemand in den Raum kommt und richtet sich nach den Reaktionen seines Besitzers. Hunde sind aufmerksam und untersuchen jedes neue Objekt, das in ihrer Umgebung auftaucht. Und vor allem fühlen sie, wenn etwas nicht stimmt. Die Verhaltensforscherin Marta Gasci will sehen, wie Borka reagiert, wenn ihre Besitzerin Erica anfängt zu weinen, sie schildert das Experiment: “Erica spielt mit einem Gerät die Geräusche eines weinenden Menschen ab. Der Hund ist ganz aufgeregt, er springt hoch und dann er gibt laut, das Bellen ist ein Alarmsignal und am Ende geht er zu der Fremden im Raum, denn sie tut nichts, obwohl sie doch eigentlich helfen sollte.”

Dem Biologen Adam Miklosi, der das Verhalten von Hunden untersucht, wird es immer einen Unterschied zwischen Hunden und Robotern geben: “Sie haben nicht die gleiche Funktion. Roboter sind dazu da, um Menschen in ganz bestimmten Situationen zu helfen, wenn verbale Kommunikation und Informationsaustausch nötig sind- ein Hund kann das nicht. Die Haustiere sind jedoch treue Gefährten und natürlich lebendige Wesen, mit ihrer ganz eigenen Welt, die den Menschen gefällt. Ich glaube daran wird sich auch in der Zukunft hoffentlich nichts ändern.”

Roboter werden also nie unsere Haustiere ersetzen, doch sind Maschinen in der Lage Gefühle zu zeigen? An der Universiät von Edinburgh lernen wir SARAH kennen, eine virtuelle Person, die sehen, reden und sich bewegen kann. Amol Desmukh von der Heriot Watt Univesität macht uns mit SARAH bekannt:

“Sarah ist im Grunde genommen ein sozial veranlagter Hilfsroboter. Sie erledigt nützliche Sachen für die Menschen, die im Labor arbeiten, sie kann einem etwa das Telefon bringen.” SARAH bewegt sich wie der Roboter Pioneer dank eines elektronischen Systems an der Decke. Doch ihr virtueller Geist kann auch den Körper aus Metal verlassen und dem Benutzer durch das Gebäude folgen, ihre Persönlichkeit ist eine Software und kann somit auf jedem Bildschirm erscheinen.

Amol Deshmukh erklärt wie das Ganze funktioniert: “Wir haben uns dieses Migrationskonzept ausgedacht, was passiert ist folgendes: der virtuelle Geist dieses künstlichen Gefährten kann sich bewegen und in einem anderen Körper leben. Der virtuelle Geist des Roboters kann also auf ein tragbares Gerät wechseln, das der Benutzer mit sich herum tragen und überallhin mitnehmen kann. Und dann kann der virtuelle Geist auf einen anderen Bildschirm gehen und dort als graphisches Bild erscheinen.”

SARAH erkennt Personen, die sich vor dem Bildschirm befinden und beantwortet Fragen, die ihr per SMS geschickt werden. Die Forscherin Mei Yii Lim arbeitet an dem Projekt SARAH: “Wir wollen einen virtuellen Geist erschaffen, der so nah wie möglich an das menschliche Verhalten herankommt. Wir untersuchen verschiedene Gedächtnismechanismen, die für die Menschen hilfreich sind. Die Verallgemeinerung und die Abfrage Funktion wird SARAH dabei helfen sich an die Benutzer und ihre Vorlieben zu erinnern, sie kann sich so anpassen und den Menschen besser helfen.”

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